Wandern auf dem Grünen Band im Frankenwald
Vom Todesstreifen zur Lebenslinie
Der Frankenwald, genauer gesagt Mitwitz, gilt als Geburtsort des Grünen Bandes, hier ist nach der Wiedervereinigung die Idee eines Biotopverbundes entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze entstanden. Dieser Biotopverbund schlängelt sich heute auf 1.393 Kilometern durch Deutschland. Von der Ostsee bis ins bayerisch-sächsische Vogtland verbindet es 17 Naturräume und ist ein Querschnitt durch fast alle deutschen Landschaften, aber auch ein wertvoller Korridor in der stark zerstückelten Landschaft.
Stacheldraht, Streckmetallzaun, Betonmauern, Wachtürme, Hundelaufanlagen, Soldaten mit Schießbefehl, zeitweise Minen und Selbstschussanlagen - mit diesen menschenverachtenden Methoden schirmten die Machthaber der DDR ihre Bürger vier Jahrzehnte lang vom freien Teil der Welt ab. Weil die Fläche zwischen dem Streckmetallzaun und der eigentlichen Grenzlinie, das sogenannte vorgelagerte Hoheitsgebiet der DDR, nicht genutzt und nur sporadisch von Büschen befreit wurde, konnte sich hier die Natur frei entfalten. Der Grenzstreifen entwickelte sich zu einem abwechslungsreichen Mosaik aus offenen, halboffenen und verbuschten Lebensräumen - zu wertvollen Rückzugsgebieten für seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Die militärische Abschirmung war ein Vorteil für Vogelarten, die empfindlich auf intensive Landwirtschaft und andere Störungen reagieren. Schon in den 1970er Jahren, lange vor der Grenzöffnung, entdeckten Vogelkundler von der westlichen Seite aus die Artenvielfalt im "Todesstreifen".
Heute ist der Todesstreifen eine Lebenslinie, naturnahe Feuchtgebiete wechseln sich mit Zwergstrauchheiden, Magerrasen und natürlichen Mischwäldern ab. Als zentrales Grünes Band wird der Bereich zwischen dem sogenannten Kolonnenweg und der ehemaligen Staatsgrenze zwischen BRD und DDR bezeichnet, der zwischen 50 und 200 Metern breit ist.
Modellregion Naturschutz und Tourismus
Das Grüne Band im Bereich Frankenwald, Thüringer Wald und Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale entstand als eine von bundesweit drei Modellregionen im Rahmen eines dreijährigen Bundes-Projektes "Erlebnis Grünes Band". Entlang des 120 Kilometer langen Streifens von Mitwitz im Westen bis Mödlareuth im Osten wurde die einzigartige Natur geschützt und auf umweltverträgliche Weise für Touristen erschlossen und erlebbar gemacht. Wander- und Radtouren wurden konzipiert, Natur- und Landschaftsführer speziell zu "Grenzgängern" geschult, zahlreiche Informationstafeln erstellt und Audioguides entwickelt.
Idyllische Naturlandschaften
So vielfältig wie die Flora und Fauna ist auch der geologische Untergrund der Naturparke Frankenwald, Thüringer Wald und Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale. Rund 500 Millionen Jahre Erdgeschichte dokumentieren die Felsen, die Landschaftsformen hängen von den jeweiligen Gesteinen im Untergrund ab. Zu den typischen Gesteinen der Region gehört der Tonschiefer. Entstanden ist dieses spaltbare Gestein aus Meeresablagerungen durch Druckeinwirkung bei der Gebirgsbildung vor rund 320 Millionen Jahren. Enge, tief eingeschnittene Täler, bewaldete Hänge und gerodete Hochflächen sind typisch für das Schiefergebirge beiderseits der fränkisch-thüringischen Grenze.
Altes Grenzland im Herzen Europas
Die Gebiete entlang der fränkisch-thüringischen Grenze waren jahrhundertelang territorial zersplittert. Das fürstbischöflich regierte Gebiet des Hochstiftes Bamberg fiel 1803, das Markgrafentum Bayreuth 1810 an das Königreich Bayern. Auf thüringischer Seite bestanden unter anderem das Herzogtum Sachsen-Meiningen und das Fürstentum Reuß Jüngerer Linie weiter bis zur Gründung Thüringens im Jahre 1920.
Stumme Zeugen der früheren Herrschaftsgebiet sind die zahlreichen historischen Grenzsteine. Einige sind schlicht naturbelassen wie der Dreiherrenstein im Oberen Rodachtal bei Nordhalben, andere kunstvoll gestaltet wie der Kurfürstenstein aus dem Jahre 1513 am Rennsteig südlich von Lehesten. Durch die vielen Herrschaftsgebiete, Grenzen und Handelswege entstanden im Mittelalter zahlreiche Burgen und Wehrkirchen in der Region. Einige Burgen wurden im Lauf der Jahrhunderte zu Festungen ausgebaut wie in Kronach, andere zu romantischen Schlössern wie in Mitwitz und manche wurden komplett zerstört wie in Blankenberg.
Natürliche Wetter- und Sprachgrenze
Eine natürliche Grenze quer durch die Region ist der Mittelgebirgskamm, auf dem der berühmte Rennsteig verläuft. Der 169 Kilometer lange Kammweg zwischen Hörschel und Blankenstein verbindet traditionell den Thüringer Wald, das Thüringer Schiefergebirge und den Frankenwald. Der Mittelgebirgskamm ist eine Wetter- und Wasserscheide und eine Sprachgrenze. Die alteingesessenen Bewohner sprechen im Norden thüringischen und im Süden fränkischen Dialekt.
Kontaktinformationen:
Frankenwald Tourismus Service Center
Adolf-Kolping-Straße 1
96317 Kronach
(Soziale Netze)